Première Gundeli Talk ¦ 27. September 2018

Eine Première, die optimistisch stimmt

Einschätzung von Fausi Marti

 

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Natürlich hatten wir Lampenfieber. Eine "neue Plattform für einen bürgernahen Dialog" - ist das ein Hirngespinst des Quartiervereins oder ein echtes Bedürfnis? Die Première hat uns Mut gemacht! Mit über 50 Personen im Saal wirkte das Lokal voll. Viele Mitglieder des NQVG waren dabei, auch einige jüngere, die Stimmung war von Anfang an beschwingt, und das Podium lieferte gehaltvolle und teilweise überraschende Antworten auf die Frage: 

 

"Immer weniger Läden und immer mehr Beizen in der Güterstrasse – ist das gut fürs Quartier?"

 

Auf Anhieb könnte man denken: Nein, das ist nicht gut. Es haben in letzter Zeit zwar auch gastronomische Betriebe dichtgemacht (Fortuna, Tavola), aber noch mehr Läden (Vitalis, Banu-Apotheke und diverse andere). Also: Wenn es weniger gastronomische Betriebe gäbe, dann hätten die Läden mehr Platz und Aufmerksamkeit. Das ist nicht das Problem, hat sich schnell gezeigt.

 

Das Gundeli hat in den letzten Jahrzehnten, so die Ur-Gundelianerin Barbara Buser, enorm an Lebensqualität gewonnen. Nicht zuletzt dank dem gastronomischen Angebot. Feinschmeckerlokale und elegante Cafés, das gab es vor 30 Jahren nicht. Heute besteht gerade an der Güterstrasse ein vielfarbiges Angebot, das man sich nicht wegwünschen möchte. Konkurrenz belebt und spornt an, meint Mirjam Heitner-Heiniger, Betreiberin des Café Bar del Mundo. Auch wenn gerade gegenüber ein schicke Bäckerei mit Café-Betrieb aufgegangen ist, hat sie nicht Angst um ihr Café. 

 

Erste Erkenntnis: Beizen und Bars sind heute ein wichtiger und beliebter Anziehungspunkt im Gundeli. 

 

Die Angebotsdichte ist auch für den Ingeno-Chef Thomas Zitzer nicht das zentrale Problem. Die Eröffnung des Mediamarkts habe seinem Computerfachgeschäft nicht geschadet. Die wirkliche Bedrohung sei der Internet-Handel, der habe zu einem Rückgang der Kundschaft geführt.

 

Zweite Erkenntnis: Auch die Läden machen das Gundeli zur "Stadt in der Stadt"! Die Dichte des Angebots nützt allen, weil dann die Kundschaft alles im Quartier findet und nicht anderswo suchen muss.

 

Viele wissen gar nicht, sagt IGG-Chef Hansruedi Hecht, dass trotz der hohen Mietpreise die Mieten nur 10 bis 12 % des Umsatzes ausmachen. Der grosse Brocken seien die Lohnkosten. Deshalb sei es das wichtigste, einen optimalen Service zu bieten und Nischen zu besetzen, die sich immer wieder anbieten. Die Kunden seien informierter und anspruchsvoller als früher und auch bereit, für das besondere Produkt und die besondere Dienstleistung zu bezahlen. Dies ist der wichtigste Trumpf gegenüber der Internet-Konkurrenz.  Dies sieht auch der Verantwortliche des Tellplatzmärts Pascal Tanner so. Er beklagt allerdings, dass viele Marktanbieter keine Geduld haben und schon nach wenigen Wochen Gewinne erzielen wollen. 

 

Dritte Erkenntnis: Konkurrenz ist auch eine Chance. Das Problem liegt weniger bei der Angebotsdichte im Quartier, sondern beim veränderten Konsumverhalten und der Konkurrenz durch das Internet..

 

Der Kanton verfolgt die Entwicklung in den Quartieren aufmerksam, meint Martin Sandtner, Leiter des kantonalen Planungsamts. Die Eingriffsmöglichkeiten seien allerdings beschränkt. Die Liegenschaften seien in Privatbesitz, die Mietpreise daher wenig beeinflussbar. Möglichkeiten bietet die Gestaltung des Strassenraums, hier sei mit dem Stadtteilrichtplan Gundeldingen (Tempo 30 und anderes) ein erster Schritt getan. Es wäre nötig, meint die Architektin Barbara Buser, dass Häuser beim Verkauf durch Erbengemeinschaft nicht einfach auf die höchsten Preise zielten, das fördere die Spekulation und treibe die Mietzinsen hoch. Hier seien Verkäufer und auch Käufer wie Wohngenossenschaften gefordert.

 

Vierte Erkenntnis: Der Staat kann nicht alles richten, aber ein wenig etwas kann er tun. Es sollten sich daher die Menschen im Quartier überlegen, was sie von der Verwaltung wünschen und sich dann aktiv dafür einsetzen.

 

Fazit: Wer ein Lamento der Teilnehmenden des Podiums erwartet hat, wurde positiv überrascht. Alle waren sie überzeugt, dass sie auch in den gegenwärtigen Umbrüchen positive Lösungen finden werden. Und dass die Herausforderung nicht die Konkurrenz vor Ort ist, weder durch Läden noch durch Beizen und Cafés, sondern das Internet, ein wenig auch das nahe Ausland, und schliesslich der kritische Konsument, der nur für das wirklich gute Produkt zu zahlen bereit ist.


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Neutraler Quartierverein Gundeldingen NQVG 0